Tag -12. Februar

Karl Münichreiter Gedenken am Goldmarkplatz

Am 11. Februar 2023 fand das traditionelle Februargedenken der Freiheitskämpfer*innen Hietzing gemeinsam mit den Sozialdemokratischen Jugendorganisationen und der SPÖ- Bezirksorganisation sowie vielen antifaschistischen Aktivist*innen beim Mahnmal für Karl Münichreiter am Goldmarkplatz statt. Bei dieser Gedenkveranstaltung geht es um die Erinnerung an den heroischen und verzweifelten Kampf aufrechter Demokrat*innen am 12.Februar 1934 und an die Erinnerung, im Besonderen an Karl Münichreiter, der am Goldmarkplatz gekämpft hat und kurz danach schwer verwundet am Galgen hingerichtet wurde. Und es ging auch um die Frage wie man heute das Aufkommen rechter Ideologien, des Rechtspopulismus und Rechtsextremismus verhindern kann.

„Im Zentrum steht für uns immer das Bild einer humanistischen und sozialen Gesellschaft, die unverbrüchlich zur Demokratie und Rechtsstaatlichkeit steht. Dies auch vor dem Hintergrund der Ausschaltung des Parlaments vor 90 Jahren am 4.3.1933 durch das Dollfuss-Regime. Das ist unser sozialdemokratischer Auftrag in Geschichte, Gegenwart und Zukunft“, unterstrich der Vorsitzende der SPÖ Hietzing und SPÖ-Bundesbildungsvorsitzende, LAbg. Gerhard Schmid bei der Gedenkfeier.

Karl Münichreiter:

Der gelernte Schuhmacher Karl Münichreiter zog nach dem Ende des Ersten Weltkrieges nach Wien und schloss sich dort der sozialdemokratischen Arbeiterpartei an.

Nach den Ereignissen des Justizpalastbrandes trat Münichreiter dem Republikanischen Schutzbund bei und wurde dort Gruppenführer. Am 12. Februar 1934 traten die österreichischen Arbeiter als Erste in Europa dem Faschismus mutig, mit der Waffe in der Hand, entgegen. Damals war das Arbeiterkinderheim der Kinderfreunde am Goldmarkplatz in Hietzing einer der Sammelpunkte des Republikanischen Schutzbundes. Nachdem die Polizei erfuhr, dass etliche Schutzbündler sich am Goldmarkplatz befanden, wurde ein Großeinsatz ausgelöst.

Nach heftigen Gefechten mussten die Schutzbündler zurückweichen. Der Schutzbundkommandant Münichreiter wollte einem verletzten Genossen zur Hilfe eilen und wurde dabei selbst angeschossen und schwer verletzt.

Münichreiter wurde verhaftet und trotz seiner schweren Verletzung von einem Standgericht des austrofaschistischen Verbrecherstaates zum Tode verurteilt. Am 14. Februar 1934 wurde er auf einer Tragbahre zum Galgen im Wiener Landesgericht geschleppt und ermordet.

Gedanken zum 12. Februar

Bruno Kreisky analysierte 1984, dass die Art und Weise des Unterganges der Monarchie und der fehlenden demokratischen Entwicklungen unmittelbare Auswirkungen auf die 1. Republik hatten. Man konnte sich nach 1918 und 1919 nicht vorstellen, wie man in einem solchen Kleinstaat leben könnte. Dazu kam die wirtschaftliche Dauerkrise der 20iger Jahre, wo es sogar in den besten Zeiten kaum gelungen ist, die hohe Arbeitslosigkeit zu senken. In dieser Zeit der strukturellen politischen Krise hat uns dann die konjunkturelle Krise besonders hart erwischt und Österreich in ein Armenhaus verwandelt.

Kreisky meinte: „Verelendeten Arbeitslosen standen hoffnungslose Arbeiter gegenüber, die immer wieder um ihren Arbeitsplatz zittern mussten.“

Aus der immer tiefer werdenden Wirtschaftskrise wurde eine Krise der Demokratie, die mit einem Verfassungsbruch 1933 beseitigt wurde. Daher haben wir auch für das Heute aus der damaligen Krise unsere Lektion gelernt. Das heißt heute: gemeinsamer Kampf gegen die Finanzkrise, gegen die Wirtschaftskrise, gegen die Arbeitslosigkeit – in Österreich, in Europa und weltweit. Die Wirtschafts- und Finanzkrise nach 2008, das sagen uns auch die Historiker, war die schlimmste seit der damaligen Zeit – es ist uns gelungen –auch mit dem Wissen um die Vergangenheit – die Krise zu meistern. Aber es bedeutet auch, dass die Krise nicht auf den Schultern jener bewältigt werden darf, die sie nicht verursacht haben. Und wir müssen uns gerade jetzt dazu bekennen, den Sozial-und Wohlfahrtsstaat, die größte Errungenschaft des 20. Jahrhunderts zu sichern und weiter zu entwickeln. Der Begriff von der „sozialen Gerechtigkeit“ ist mehr als ein Schlagwort, er ist sozialdemokratische Programmatik!

Die furchtbaren Ereignisse des 12. Februar 1934 sind uns allen bekannt, der heldenhafte Kampf der Schutzbündler, das tapfere Verhalten der zum Tode verurteilten vor den Standgerichten. Namen wie Weissel, Münichreiter und Wallisch u.v.a.m., sie alle wurden zu unvergesslichen Menschen und sie alle haben auch den folgenden Generationen Mut gegeben auch nach der Niederlage 1934 den Kampf weiter zu führen.

Und so gedenken wir heute der Opfer des Faschismus von 1933 bis 1938 und an alle großartigen Menschen, die unter Aufopferung oder Gefährdung ihres Lebens im Widerstand waren. Wir können heute die Opferzahlen aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen darstellen und uns weitestgehend den realen Größen annähern. Aber wir haben zu wenige Vorstellungen über das seelische Leid das den Menschen, ihren Angehörigen und Familien zu Teil wurde.

Wir dürfen auch nicht vergessen: Was mit der Beseitigung der Demokratie im Inneren begonnen hat, das hat in den Konzentrations- und Vernichtungslagern und auf den Schlachtfeldern des Dritten Reiches seine bestialische Fortsetzung gefunden.

Wir müssen heute wachsam und aufmerksam gegenüber allen autoritären und extremistischen Tendenzen in unserer Gesellschaft sein. Das gilt für den nationalstaatlichen Rahmen ebenso wie auf europäischer und internationaler Ebene.

Ich hatte die Chance wunderbare Menschen, die im Widerstand waren, Freiheitskämpfer und politisch Verfolgte kennenzulernen und ich erinnere mich ganz besonders an Rosa Jochmann und Ihr Wort: „ Alle sind uns willkommen, die mit uns gegen die erstarkenden Kräfte des Faschismus auftreten wollen. Der Kampf den wir führen ist ein Kampf der nie zu Ende geht.“

Die sozialdemokratische Bewegung wird sich der Lehren aus der Tragödie beider Faschismen und des 12. Februar 1934 immer bewusst sein. Betrachten wir unsere Geschichte so wird es uns mit Stolz erfüllen, dass wir SozialdemokratInnen auch in schwierigsten Zeiten immer auf der Seite des Friedens, der Freiheit und der Demokratie gestanden sind.

Das „Niemals Vergessen“ ist heute und immer eine Mahnung, der wir uns immer verpflichtet fühlen werden. Wir treten entschieden ein gegen Faschismus, gegen Rechtsextremismus, gegen Rassismus, Antisemitismus, Verhetzung und wir treten massiv ein für die Werte der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, für die Grund-und Freiheitsrechte und für eine Gesellschaft der sozialen Sicherheit, der Gleichberechtigung und der Gerechtigkeit. Damit werden wir das Gedenken an die Opfer des 12. Februar und  beider Faschismen immer lebendig und hoch halten.

Freundschaft!