Der 1. Mai im Gedenkjahr 2018

 

Vor 128 Jahren wurde erstmal der „1. Mai“ in Österreich als Feiertag der Arbeiterbewegung begangen. Von Beginn an stand der Kampf um die sozialen Rechte der Arbeiterschaft, um Demokratie und Menschenwürde im Mittelpunkt. Der Weg dorthin war opferreich und blutig. Zuerst der Austrofaschismus, danach der Nationalsozialismus haben ihre ideologische Zielsetzung gegen die Arbeiterschaft gerichtet.

Vor 100 Jahren, nach dem verheerenden I. Weltkrieg und dem Ende der Monarchie hat die Sozialdemokratie einen entscheidenden Beitrag zur Gründung der Republik geleistet. Auf den Trümmern des Krieges und der scharfen sozialen Gegensätze ist es gelungen mit dem „Roten Wien“ ein international einmaliges sozialdemokratisches Gegenmodell zu autoritären Regimen zu entwickeln: Demokratie, Humanität und soziale Wohlfahrt.

Gerade dieses Modell war das Feindbild der erstarkenden autoritären und demokratiefeindlichen Kräfte auch in unserem Land. Begünstigt durch die weltweite Krise des Kapitalismus verbunden mit Massenarbeitslosigkeit konnte sich der Faschismus entwickeln. Mit der Ausschaltung des Parlaments 1933 und der Beseitigung von Partei und Gewerkschaft wurde die Demokratie durch den Austrofaschismus zu Grabe getragen.

Bruno Kreisky sollte später einmal sinngemäß sagen: „Was mit der Beseitigung der Demokratie im Inneren begonnen hat, das hat auf den Schlachtfeldern, in den Konzentrations- und Vernichtungslagern des Dritten Reiches seine bestialische Vollendung gefunden“.

Vor 80 Jahren haben die Nationalsozialisten die Macht in Österreich übernommen. Hunderttausende Österreicherinnen und Österreicher haben in den März-Tagen 1938 und danach öffentlich gejubelt. Aber viele Österreicherinnen und Österreicher haben in den dunkelsten Stunden unserer Geschichte auch gewusst was der Hitler-Faschismus bringen wird: Krieg, Verfolgung und Vernichtung. Schon wenige Stunden nach der Machtergreifung wurden politische Gegner verhaftet und ins Konzentrationslager verbracht. Für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger begann die schlimmste Katastrophe, die im Holocaust mündete und die jede menschliche Vorstellungskraft übertrifft.

Vor 73 Jahren hat ein bestialisches Unrechtsregime ein Ende gefunden, nachdem es Europa und die Welt in Schutt und Asche gelegt und vor der Geschichte die erstmalige, industrielle Massenvernichtung zu verantworten hatte. Heute ist es nach wie vor unsere Aufgabe die Geschichte aufzuarbeiten und klar zu stellen, dass Österreicherinnen und Österreicher sowohl Opfer als auch Täter waren und nicht wenige auch Verantwortung für dieses menschenvernichtende Regime zu tragen haben.

Die Verantwortung unserer Generation ist es die historischen Fakten offen anzusprechen, das „Niemals vergessen“ hochzuhalten, wachsam und aufmerksam gegenüber allen autoritären Entwicklungen zu sein sowie für die Demokratie zu kämpfen. Gerade heute ist es tagtäglich notwendig gegen alle, auch neue Formen des Antisemitismus entschlossen aufzutreten und sich für die demokratischen Grundwerte einzusetzen.

Noch während des Krieges haben sich am 14. April 1945 unter größten Gefahren Männer und Frauen zusammengefunden um die Sozialistische Partei Österreichs zu gründen. Und die Geschichte der SPÖ nach 1945 ist untrennbar verbunden mit der Geschichte der Zweiten Republik, die wenige Tage später, am 27.April 1945 gegründet wurde.

Die SPÖ hat von der ersten Stunde der II. Republik an ihre Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für dieses großartige und durch die Geschichte vielgeprüfte Land bewiesen.

In den mehr als sieben Jahrzehnten der II. Republik hat die SPÖ damit eindrucksvoll bewiesen, dass sie diese Verantwortung mit dem festen Willen zur Gestaltung einer besseren, sozialen und gerechten Gesellschaft in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellt. Die Sozialdemokratie hat sich stets als internationale Bewegung verstanden. Zu jedem Zeitpunkt hat die SPÖ mit ganzer Kraft und mit Leidenschaft für die Menschen und das Land in uneingeschränkter Verbundenheit gearbeitet.

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es gerade nach der Wahlniederlage 2017 ganz wichtig, zusammen zu halten und gemeinsam die anstehenden Schwierigkeiten auf nationaler und internationaler Ebene zu bewältigen sowie zukunftsweisende Modelle für eine soziale und gerechte Gesellschaft zu entwickeln.

Feiern wir den 1. Mai als unseren Feiertag und seien wir uns bewusst, dass es auf allen Ebenen der Politik nach wie vor unabdingbar notwendig ist für Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Frieden einzutreten und für eine soziale Gesellschaft, die von Humanismus und Toleranz geprägt ist zu kämpfen – auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene! Wenn uns das gelingt, dann haben wir das Vermächtnis jener großen Männer und Frauen hochgehalten, die in der hundertjährigen Geschichte der Republik für diese Ideale gekämpft haben, verfolgt wurden oder ihr Leben für Aufrichtigkeit und Anständigkeit geopfert haben!

Ein Hoch dem 1. Mai und der internationalen Solidarität !

Dr. Gerhard Schmid

Bezirksparteivorsitzender