„Herzlichste Glückwünsche, Erika Freeman, zum 95. Geburtstag! Eine der weltweit bedeutendsten Psychoanalytikerinnen unserer Zeit, die gebürtige Wienerin und derzeit in Wien lebende Erika Freeman feiert heute einen besonderen Geburtstag! Namens der SPÖ Bundesbildung und im eigenen Namen meine herzlichsten Glückwünsche, Gesundheit und noch viele Jahre guten Miteinanders! Vielen aufrichtigen Dank für Ihre wertvollen und unverzichtbaren Beiträge!“: Mit diesen Worten gratuliert der SPÖ Bundesbildungsvorsitzende und Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Wissenschaft im Wiener Gemeinderat, Prof. Dr. Gerhard Schmid Erika Freeman, die am 1. Juli 2022 ihren 95 Geburtstag feiert.
Erika Padan Freeman, geboren als Erika Polesiuk am 1. Juli 1927 in Wien, feiert am 1. Juli 2022 ihren 95. Geburtstag.
Erika Padan Freeman lebte mit Ihrer Familie in der Ausstellungstrasse im 2. Wiener Bezirk. 1938 mit „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland wurden Erika und ihre Familie von den Nationalsozialisten zum Umzug in eine Sammelwohnung für Jüdinnen und Juden in die Engerthstrasse gezwungen. Es war ihr verboten in ihr ursprünglichen Gymnasium zu gehen. Als Vorzugsschülerin konnte sie in ein Gymnasium am Augarten gehen, dem einzigen, das noch für jüdische Kinder geöffnet war.
„Wir konnten von einem Tag auf den anderen nicht mehr mit der Straßenbahn fahren. Ich erinnere mich auch an das jüdische Theater am Nestroyplatz. An einem Abend standen alle Schauspieler auf der Bühne und verkündeten, dass dies die letzte Vorstellung sei. Sie durften nicht mehr spielen. Ich durfte nicht mehr in meine Schule gehen und kam in das einzige noch offene Gymnasium für jüdische Kinder, ins Chajes-Gymnasium beim Augarten. Einmal sah mich ein vorbeimarschierender SSler am Straßenrand stehen, hob mich auf und sagte: ‚So sieht ein deutsches Mädchen aus.‘ Ich mit meinen blonden Zöpfen und den blauen Augen. Von da an musste ich oft jüdische Freunde meiner Mutter durch die Stadt begleiten, wenn irgendwo ein Visum abzuholen war. Man sagte mir, ich sei gewissermaßen ein kleines blondes Schutzengerl gewesen, dass sie nicht von der Straße weg verhaftet wurden. Das berührt mich sehr.“
Rachel Grau – Erikas Mutter – sorgte dafür das Erika im Alter von 12 Jahrenin die USA emigrieren konnte. Ihre Mutter selbst wurde von den Nationalsozialisten nach Polen deportiert. Sie konnte flüchten und kehrte nach Wien zurück, wo sie sich als sogenanntes „U-Boot“ im Untergrund vor den Nationalsozialisten versteckte. Sie kam am 12. März 1945 bei der Bombardierung des Philipphofs kurz vor Ende des 2. Weltkrieges ums Leben. Erika Freemans Vater musste 1938 vor den Nationalsozialisten nach Prag flüchten. Er war auch Sozialdemokrat und war Außenminister im Schattenkabinett der Sozialdemokratie. In Prag wurde er später von den Nationalsozialisten verhaftetund in KZ Theresienstadt deportiert. Er hatte großes Glück und von einem schwedischen Diplomanten gerettet, der ins Lager kam, um schwedische Staatsbürger auszulösen und heimzuholen. Lange Zeit glaubte sie, dass ihr Vater in Theresienstadt ums Leben gekommen sei. 1946 an Jom Kippur traf ihr Vater zufällig ihren Onkel in New York und erfuhr so, dass seine Tochter den Nazi-Terror überlebt hatte.
Erika (Polesciuk) Freeman kam am 12. März 1940 mit der „SS Westerland“ in New York an und fand bei entfernten Verwandten in den USA Unterschlupf. Sie studierte an der Columbia University und wird zu einer hoch angesehenen Psychoanalytikerin. Bekannt wurde sie in ihrem Emigrationsland USA unter ihrem Ehenamen, Erika Freeman, als Therapeutin der großen Hollywoodstars und Beraterin einflussreicher Politiker*innen. Sie war verheiratet mit dem Künstler Paul Freeman, der 1980 starb. Über Jahrzehnte war sie eine bekannte Talkshow-Moderatorin und Fernsehikone. Hollywood-Stars wie Marilyn Monroe, Paul Newman, Woody Allen und Liv Ullman sowie bekannte Schriftsteller zählten bzw. zählen zu ihrem Freundeskreis. Erika hat ihren Mädchennamen ins Hebräische übersetzt und nennt sich heute Erika Padan Freeman.
Im Frühjahr 2022 erzählte Erika Freeman in einer Videoreihe der Wiener Bildungsakademie (WBA) ihre Geschichte. Gedreht wurde übrigens im Hotel Imperial. Und das hat für Erika Freeman eine besondere Bedeutung: In Wien wohnt sie meist im Hotel Imperial. Für sie handelt es sich dabei um eine Art „Rache an Hitler“, der das Imperial als seine „Wiener Residenz“ bezeichnet hatte. Erika Freeman sagt: „Das ist meine Rache an Hitler. Ich lebe noch, ich kann noch Sachen schaffen und er ist schon weg.“
Hier geht es zum Gespräch Erika Freeman mit Gerhard Schmid
Quellen: